Offene Forderungen stellen für Unternehmen und Privatpersonen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko dar – insbesondere, wenn Schuldner im Ausland sitzen. Das Inkasso in Italien erfordert besondere Kenntnisse des italienischen Rechtssystems, da sich das gerichtliche Mahnwesen deutlich vom deutschen Verfahren unterscheidet. Dieser Leitfaden gibt einen Überblick über den Ablauf, die wichtigsten Verfahrensarten und die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Inkassos in Italien.
Außergerichtliche Schritte vor dem Klageweg
Bevor ein gerichtliches Inkassoverfahren in Italien eingeleitet wird, ist es ratsam, zunächst den außergerichtlichen Weg zu beschreiten. Ein förmliches Mahnschreiben, idealerweise auf Italienisch und mit Fristsetzung, kann bereits zur Zahlung bewegen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass säumige Schuldner oftmals erst unter dem Druck eines gerichtlichen Verfahrens reagieren.
Das gerichtliche Mahnverfahren: Ricorso per decreto ingiuntivo
Der zentrale Bestandteil des Inkasso in Italien ist das Mahnverfahren, das über den sogenannten „ricorso per decreto ingiuntivo“ eingeleitet wird. Der Gläubiger reicht beim zuständigen Zivilgericht einen Antrag ein, dem schriftliche Beweise für die Forderung beizufügen sind (z. B. Rechnungen, Verträge oder Lieferscheine). Das Gericht prüft die Unterlagen und erlässt bei Schlüssigkeit einen Zahlungsbefehl (decreto ingiuntivo).
Der Schuldner hat dann 40 Tage Zeit, Widerspruch einzulegen. Erfolgt kein Widerspruch, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und kann vollstreckt werden – auch in Form einer Pfändung. Legt der Schuldner Einspruch ein, geht das Verfahren in ein streitiges Zivilverfahren über, vergleichbar mit einer Klage.
Vollstreckung und grenzüberschreitende Aspekte
Nach Rechtskraft des Zahlungsbefehls kann die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden. Für Gläubiger mit Wohnsitz außerhalb Italiens ist es wichtig zu wissen, dass italienische Gerichte auch dann zuständig sein können, wenn der Schuldner oder Erfüllungsort in Italien liegt.
Dank der EU-Verordnung Nr. 805/2004 ist es zudem möglich, den italienischen Titel in anderen EU-Ländern unkompliziert vollstrecken zu lassen, sofern keine Einwände erhoben wurden – ein Vorteil für deutsche Gläubiger.
Fazit
Das gerichtliche Inkasso in Italien bietet effektive rechtliche Mittel zur Durchsetzung offener Forderungen. Eine sorgfältige Vorbereitung und die richtige Dokumentation sind dabei entscheidend für den Erfolg. Aufgrund der sprachlichen und rechtlichen Besonderheiten empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem im italienischen Zivilrecht versierten Anwalt. So lassen sich Forderungsausfälle wirksam begrenzen – auch über Landesgrenzen hinweg.